Mit Absicht sperrig. Sültzrather von Josef Oberhollenzer. Buchpreisprognosen VIII

Formal scheint Josef Oberhollenzer mit Sültzrather an Techniken anzuknüpfen, die unter anderem W.G. Sebald und besonders Thomas Bernhard perfektioniert haben (sicher nicht zufällig wird Bernhard am Anfang des Buches als Bruder im Geiste Sültzrathers, als Schuhliebhaber, aufgerufen). Hier wird nicht einfach geschrieben über den Zimmermann Sülzrather, der nach einem Unfall zum Schriftsteller wird, dann aber wieder beginnt, sein Werk zu vernichten. Sondern es erzählt einer (bzw. immer wieder andere?) darüber, was wiederum andere über Sülzrather erzählen. Und gar, was andere darüber erzählen, was andere über Sülzrather erzählen. Den Bernhardschen Flow aber erreicht Oberhollenzer dabei nie. Sicher ist das beabsichtigt: Diese Biografie soll zerhackt sein wie das Leben und Schreiben und die Zerstörung des Schreibens des Vitus Sültzrathers (der verbrennt ja sein Werk nicht etwa, sondern schabt Seite für Seite das Geschriebene ab!) Das allerdings macht den Roman trotz seiner nur 160 Seiten zu einer extrem sperrigen Lektüre. Hinzu kommen konstante absatzlose Kleinschreibung, abgesehen von der Großschreibung von Namen und sehr irritierend: Standartorthographie innerhalb von wörtlicher Rede.

Feststeht: Dieses Buch soll stolpern machen. Feststeht auch: Der Autor verfolgt kompromisslos eine genau abgesteckte literarische Vorstellung. Mir scheint aber, hier wurde kompromisslos ein Werk auf beinah unlesbar getrimmt. Aber das ist mir ganz ehrlich immer noch lieber als diese halbseidenen Gefall-Texte, die zeitgenössische Alltags- und Aufregerthemen in ein standardisiertes konsumierbares Gewand kleiden. Sültzrather wird wohl nur Freunde und Feinde kennen…

Extra anstrengend sind in der E-Book-Ausgabe, die der Besprechung zu Grunde liegt, die Fußnoten. Schwer durchschaubar generell, warum nicht nur fiktive Quellen, sondern auch Teile der Geschichte in Fußnoten ausgelagert werden: Warum kann man manches, das dem Haupttext doch offenkundig gleichrangig ist, nicht im Haupttext erzählen? Vor allem aber: Ich hoffe, im gedruckten Text stehen die Fußnoten wenigsten direkt unterm Text, im E-text nämlich handelt es sich um Kapitel-Endnoten. Da muss man ständig springen, und Kindle macht das nicht immer ganz leicht. Ich empfehle in jedem Fall Sültzrather traditionell auf Papier zu lesen. Da kann man dann wenigstens mit Post-eds arbeiten.

Bild: Pixabay, gemeinfrei

3 Kommentare zu „Mit Absicht sperrig. Sültzrather von Josef Oberhollenzer. Buchpreisprognosen VIII

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