Verschiedene Hegeleien. I: Löwiths „Von Hegel zu Nietzsche“ – Das vielleicht beste Buch über Philosophie?

Von Hegel zu Nietzsche von Karl Löwith ist nicht nur eines der besten Bücher über Hegel und die sich auf Hegel beziehende Philosophie in etwa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, sondern eines der besten Bücher über Philosophie überhaupt. Denn Löwith kennt nicht nur detailliert seine Denker, sondern hat selbst ein philosophierendes Buch geschrieben, das Gedanken darstellt (nicht auflistet, sondern zu begreifen und zu vermitteln sucht), gegeneinander abwägt, wertet, wo es sein muss, jedoch nicht abwertet. Ausgehend von einer Engführung des Blickes auf Welt und Welterffahrung von Goethe und Hegel, macht Löwith die gesellschaftliche Notwendigkeit deutlich, mit der das 19. Jahrhundert darauf drängte, über den bloßen Empirismus ebenso wie über die ungebundene Spekulation hinauszugehen, und wie Hegel die Samen, aus denen seine Kritiker sprossen, größtenteils bereits selbst gesät hat. Neben Hegel nehmen als Antipoden Marx und Kierkegaard sicher den größten Raum ein. Nachdem Löwith die Grundlagen gelegt hat, führt er in mehreren Kreisgängen die Positionen dieser und einer Hand voll anderer bedeutender Hegleianer, Post-Hegelianer und Anti-Hegelianer gegeneinander – und zeigt wie viel Hegelsche Revolution noch in den heftigsten Antihegelianern steckt.
Zu meckern gibt es daran eigentlich nur eines: Dass Löwith (wie zu meinem Leidwesen übrigens zahlreiche Autoren von Werken über die Gedanken Dritter) anscheinend das Konzept indirekter Rede nicht kennt. So ist es manchmal, wenn nicht direkt zitiert wird, nicht ganz einfach, zu unterscheiden, wann das Referat einer Dritthaltung endet und die Ausführung eigener Gedanken des Autors beginnt. Wer sich bereits ein wenig auskennt, wird damit wenig Probleme haben, und auch im Laufe der Lektüre sollte es dem Leser immer leichter fallen, die Gedanken des Autors von denen der Besprochenen zu scheiden. Das ist, wie gesagt, ein verbreitetes Ärgernis, aber das heißt nicht, dass man von einem ansonsten hervorragenden Buch nicht verlangen könnte, auch diesen vermeidbaren Fehler zu unterlassen.