Star Wars Rewatch – Das Erwachen der Macht & weiteres zur „Mary Sue Debatte“

Nach dem Rewatch der Prequel-Trilogie habe ich mir dann endlich auch mal Das Erwachen der Macht angeschaut. Fangen wir an mit ein paar Worten zum Rey-Mary-Sue-Streit:

Rey ist ein echter Gewinn

Ich kann diesen Unsinn nun noch weniger nachvollziehen als schon nach dem wieder Anschauen von Anakins Podrace und seiner Zerstörung des Schlachtschiffes. Wenn ein kleiner Junge dank „Jedi-Reflexen“ eine ganze Armee lahmlegen kann dann sollte ein junge Frau, vom Leben gestählt, durch Extremsituationen motiviert, in der „die Macht stark ist“ (was das Phrasenschwein freuen dürfte) doch auch einen dummen Stormtrooper übertölpen können und einen schwer verletzten, offensichtlich untalentierten, Sith-Teen mal für ein paar Sekunden unter äußerstem Adrenalin in Bedrängnis bringen. Denn die Sache wird ja wirklich ordentlich vorbereitet: Kylo wurde heftig von einer Wookiearmbrust getroffen, und dass er kein besonders guter Schwertkämpfer ist, zeigt sich schon darin, dass er es nicht nur auf die Reihe bekommt, einen Treffer bei einem einfachen Ex-Stormtrooper ohne Verbindung zur Macht zu landen. Der Lichtschwert-Kampfstil beider ist fern von jeder Eleganz: Die Kulturtechniken der Jedi sind offenkundig verloren gegangen, Kylo mag trainiert haben, er wirkt nie wie ein „trainierter“ Jedi oder Sith aus den früheren Filmen – stilvoll, in sich selbst ruhend. Und: er muss natürlich höllisch aufpassen, sich mit den dämlichen Sideburns seines Lichtschwerts nicht die Hände abzusäbeln.

Und abseits der Machtfrage ist Rey erst Recht alles andere als eine „perfekte“ Protagonistin, der man zu Recht den Mary Sue Vorwurf machen könnte. Sie trifft häufiger Fehlentscheidungen, die manchmal trotzdem zu guten Ergebnissen führen (das ist typisch Star Wars) ist unglaublich sturköpfig und „bossy“. Großartige Szene, wo sie den armen Finn zusammenscheißt, als der ihr nicht gleich den richtigen Gegenstand bei der Raumschiffreparatur reicht. Wer jemals etwas zusammen mit jemandem, der sich „auskennt“, repariert hat, dürfte mitfühlen: Diese Art des Umgangs ist äußerst unsympathisch. Also: Rey hat durchaus einige negative Seiten, sie dürfte seit Han Solo wohl der am wenigsten gute, edle Hauptcharakter der hellen Seite sein – das will ich ausdrücklich positiv verstanden wissen.

Der Film ist eine schlechte Hommage

Das ist dann aber auch schon fast alles Positive, was ich über den Auftakt der neuen Trilogie sagen kann. Ja, ich lege mich jetzt schon fest: Die Prequel-Trilogie war deutlich ambitionierter. Ja, sie mag ihre Schwächen in der Ausführung gehabt haben, aber wer nichts versucht kann auch nichts falsch machen. Das Erwachen der Macht ist reiner Fanservice auf dem Niveau strahlende Helden vs Kitschnazis. Und damit selbst als Fanservice von eher niedrigem Niveau. Die Klassiker hatten Vader, der neue Film hat Fanboy-Vader. Die Klassiker hatten den Todesstern, der neue Film hat einen Monster-Todesstern. Die Klassiker hatten „Luke ich bin dein Vater“, der neue Film hat „Fanboy-Vader, du bist mein Sohn“. Überhaupt, was ist bloß mit den Familien in Star Wars los? Der alte Skywalker wird Weltraumhitler, der Junge sein Gegner, der jüngste Solo-Organa-(Skywalker) wird Weltraumhitler 2 und schon der zweite Vatermörder in drei Generationen? Das ist doch nicht mehr Space Opera, das ist Familienduell. Die Prequel-Trilogie hat immerhin versucht eine komplexe Geschichte zu erzählen, die mit der Engführung des langsamen Verfalls einer Republik und den drei Typen von Machtmenschen, die dieser den Todesstoß versetzen können, tatsächlich einen interessanten Blick auf das Star Wars Universum wirft und die Perspektive auf die ursprünglichen drei Filme klug erweitert – mit dem bereits monierten Schwächen in der Ausführung. Die neue Trilogie scheint dagegen eine insgesamt 7-9 stündige Hommage zu werden. Dafür entblödet man sich nicht, die Geschichte gewaltsam wieder in etwa auf den Status der Klassiker zurückzusetzen. Schon wieder gibt es eine Resistance, weil man auf das sich Identifizieren des Zuschauers mit dem Underdog spekuliert. Weitere Gemeinsamkeiten siehe oben. Immerhin, die Auftritte der alten Garde sind relativ gut gelöst.

Verdient das Universum das Empire?

Bedenkliches zum Schluss: Die Verbiegung hin zum Status quo ante bringt Star Wars auf gefährlich antidemokratische Pfade. Einmal erzählt, war der Verfall der Republik und die anschließende Rebellion gegen das Empire treffende Mahnung vor den Gefahren, die Demokratien aus dem Inneren zerfressen können. Aber kaum 30 Jahre nach der Wiedereinrichtung der Republik geht diese an genau den gleichen Schwächen zu Grunde? Und ist wiederum zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die gigantische Armee des Empire/First Order überhaupt wahrzunehmen? Und ist zum Gott verdammt drittenmal unfähig, frühzeitig den Bau eines Todesstterns mit zu bekommen, obwohl das Empire diesmal so nett war, das Ding zig(tausend?) mal so groß zu bauen? Wer diese Filme mit unverklärtem Blick ansieht muss doch zu dem Schluss kommen: Das Universum hat eine Diktatur verdient. Anders stürzt es jedes Mal von neuem in verlustreiche Kriege. Wenn das nun das neue Star Wars ist, wünsche ich mir stattdessen wirklich eine konsequentere Reimagination der Episoden 1 bis 3. Erzählerisch steckt in denen nämlich weiter mit Abstand das meiste Potenzial.

Bild: pixabay, gemeinfrei

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