Funktioniert nicht als Krimi: „Die Flüsse von London“ 2, „Schwarzer Mond über Soho“.

„Schwarzer Mond über Soho“, der zweite Teil der „Flüsse von London Reihe“, überzeugt mich leider genauso wenig wie der erste. Ja, es lässt sich ganz gut runterlesen und taugt damit für zwei, drei Tage zum Zeitvertreib, aber weder der Krimiaspekt noch der Magieaspekt ist wirklich überzeugend ausgearbeitet. Über das Problem, dass sich der Text nicht so richtig entscheidet, ob er sich über Fantasy Settings lustig machen möchte und deshalb Magie und Fabelwesen nur so dahin wirft, ohne wirklich World Building zu betreiben, oder ob er eben doch eine ernsthafte Fantasygeschichte sein möchte, hatte ich in meiner Besprechung des ersten Bandes schon geschrieben. Das gilt hier auch wieder, wenn auch nicht mehr ganz so stark.

Diesmal aber werde ich vor allem über die Krimiaspekte meckern. Die Handlung ist wieder relativ einfach. Irgendjemand bringt Jazzmusiker um, mit der Zeit kommt heraus, dass denen die Lebenskraft geklaut wird, die höchstwahrscheinlich zugleich auch so etwas wie magische Kraft ist. Jazzmusiker sind dahingehend wohl besonders schmackhaft. Jazzvampire treiben also ihr Unwesen. Aber unser Protagonist und Erzähler stolpert beim Ermitteln nur so durch die Welt, kaum je, dass einmal ein Fortschritt organisch aus dem hervorgehen würde, was bis dahin ermittelt wurde. Die Enthüllung über die Schuldigen kommt dann auch eher per Zufall, aus Verbindungen, die eigentlich gar nicht aus ermittlungstechnischen Gründen geknüpft wurden (ich will nicht tiefer ins Detail gehen, um nicht zu „spoilern“).

Nicht nur von Ereignis zu Ereignis, auch von Ort zu Ort wird wieder gehüpft, dass einem schwindelig werden könnte. Die Masse der Örtlichkeiten macht London aber nicht plastisch. Das würde eher gelingen, würde der Autor sich einmal auf eine bestimmte Szenerie fokussieren und diese bildlich vor Augen stellen. Für das London aus Harry Potter reichten dafür eigentlich drei Örtlichkeiten: Der Vorort der Dursleys, der Bahnhof und die Winkelgasse und ihre angrenzenden Gässchen. Bilder, die immer bleiben und einen gewissermaßen die Stadt in die großen Leerstellen einfüllen lassen. Ähnlich gelingt das dem ansonsten schrecklich chaotischen Perdido Street Station von China Miéville mit der namensgebenden Haltestelle und ihren Umfeld. Bei Aaronovitch besucht man dagegen gefühlt 30 bis 50 Örtlichkeiten pro Buch, und genau deshalb bleibt wenig.

Größtes Versäumnis bisher ist aber die Figur Lesley, die im ersten Teil wirkte, als solle sie zum Kumpel/Streitpartner des Erzählers aufgebaut werden, eben wie in so einem Buddy-Cop-Film. Dann aber wurde sie erst einmal als Vehikel des Bösen für gut 3/4 des Romans ausgeschaltet. Auch im zweiten Roman steht sie wieder an der Seitenlinie, schwer verletzt von den Ereignissen des ersten Romans. Immerhin, der Schluss macht Hoffnung, dass Lesley ab jetzt endlich ins Spiel kommt. Die ist nämlich trotz ihrer geringen Einsatzzeit bisher die plastischst gestaltete Figur der Reihe, und mit ihrem Trauma und der unerwarteten Wendung zum Schluss des zweiten Teils auch die interessanteste. Wenn der Autor daraus etwas macht, könnte es mit der Reihe noch aufwärts gehen.

Bild: Wiki, gemeinfrei.

4 Kommentare zu „Funktioniert nicht als Krimi: „Die Flüsse von London“ 2, „Schwarzer Mond über Soho“.

  1. Ich öde mich momentan durch den dritten Band der „Das Lied von Eis und Feuer“ Reihe und sollte eigentlich Tad Williams lesen, denke ich. Jazzvampire ziehen mich jetzt nicht gerade an. Gut, dass ich hier zu den gängigen Titel immer was Gutes finde. Frohes Neues!

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      1. Yupp, einfach so als Analyse und Forschungsprojekt. Momentan finde ich deine Kritik in allen Punkten zutreffend. Du hast mehrere Posts dazu, ich habe manches nur überflogen, um mich nicht zu spoilern. Wenn noch der Inhalt nicht überrascht, gibt es gar nichts mehr daran. Krass.

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