Die AIDS-Krise deutet sich an. „Tales of the City“ 4 – „Babycakes“.

„Babycakes“, der 4. Teil von „Tales of the City“, entfernt sich nicht nur im Namen noch deutlicher als die beiden Vorgänger vom ursprünglichen Format der Reihe. Nachdem die Teile 2 und 3 schon durchgehende Handlungsstränge hatten, gibt der vierte Teil auch die ultrakurzen Kapitel auf, er scheint aber wohl immer noch als Serie in der Zeitung veröffentlicht worden zu sein.

Thematisch wird das Melodrama wieder deutlich zurückgefahren: Keine religiöse Verschwörung samt Amnesie, kein entkommener Sektenguru, der Kinder entführt. Stattdessen stehen zwei Handlungen im Mittelpunkt: Michael hat seinen langjährigen Lebensgefährten John durch AIDS verloren. Er macht verschiedene Versuche bzw. wird dazu gedrängt, wieder ins Leben zurückzufinden. Zuerst eine Gruppenreise homosexueller Männer ins Death Valley, dann eine Reise nach London, wo er das Zimmer eines Mannes übernehmen kann, der sich nach San Francisco abgesetzt hat. In London trifft er auf Mona, die undurchsichtige Ziele verfolgt…

Mary Ann dagegen ist mittlerweile erfolgreiche Journalistin, doch ihr Mann Brian wünscht sich ein Kind. Auch hier kommt es zu einigen Verwicklungen, denn Mary Ann hat zwischenzeitlich schon seit Monaten die Pille abgesetzt, ohne es zu verraten. Und nachdem es einfach nicht klappt, plant sie, Brian testen zu lassen, und es wird festgestellt, dass er steril ist. Wäre es jetzt also nicht geradezu moralisch geboten, Brian mit einem Typen zu betrügen, der ihm ähnlich sieht, um den Ehemann nicht mit seiner Sterilität zu konfrontieren und trotzdem das gewünschte Kind zu bekommen? Tja…

„Babycakes“ zieht sich ein wenig mehr als die beiden vorangegangenen Romane. Weniger Melodrama ist nicht immer besser. Natürlich gibt es davon, man sieht es an der Baby-Storyline, noch immer genug. Ich finde allerdings diese Form von Melodrama schwieriger als die, die sich durch absurde Ereignisse in der Welt begründet. Hier handeln die Figuren in einer Art und Weise, die ich mir selbst für San Francisco in den 80er Jahren nur schwer vorstellen kann. Erneut gilt das auch für unerwartete Zusammentreffen, etwa von Mona und Michael in London. „Die Tales of the City“-Romane vertrauen immer wieder darauf, dass Figuren unerwartet an Orten, an denen Millionen von Menschen leben, über genau die Figur stolpern, die es braucht, damit die Handlung weitergehen kann. Ein wenig zu oft und zu zufällig für meinen Geschmack.

Nun ja, das Ganze bleibt eine unterhaltsame, leichte Lektüre. Und ich denke, einfach über die Masse der Romane, die dazu noch angenehm kurz sind, stellt sich insgesamt eine ähnliche Vertrautheit mit den Figuren ein, wie man es etwa von längeren Fantasy-Romanen kennt. Ach ja, „Babycakes“ ist auch der erste Teil der Reihe, in dem überhaupt eine explizite Sexszene vorkommt. Erfreulich kurz, denn solche Szenen lesen sich ja fast immer schrecklich. Die Aids-Krise, die noch ein wichtiger Teil der Reihe wird, ist vor allem in Michaels Emotionshaushalt vorhanden, und zweimal versucht er das einem britischen Freund zu vermitteln, wo das Thema wohl noch nicht richtig angekommen ist. Interessanter Nebenaspekt: Bei den allesamt ebenfalls homosexuellen Männern, mit denen er im Death Valley weilt, wird das Thema Kondome größtenteils lächerlich gemacht. Ehe man sich so eine „heterosexuelle“ Tüte zur Empfängnisverhütung überzieht, stirbt man lieber. Ein Aspekt, den ich so bisher nur bei Maupin gelesen habe.

Bild: Pixabay.

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