Reihe, die ihr Potential nicht ausschöpft – „Flüsse von London“ 7.

Mein Bruder hat mir versprochen, dass der siebte „Die Flüsse von London“-Titel tatsächlich der letzte Roman der Hauptreihe ist, und ich nicht noch zwei weitere Romane und einige Novellen lesen muss, denn so wirklich überzeugt hat mich noch kein Text der Reihe. Am besten war der fünfte Roman, der nicht in London gespielt hat und den Autor einmal gezwungen hat, sich zu konzentrieren.

Immerhin, „Die Glocke von Whitechapel“ vermeidet ein Problem der Reihe, nämlich dass meistens anfangs irgendwie ein Fall behandelt wird, der dann aber, was die Standards der Genrefiktion betrifft, sehr nachlässig gelöst bzw. in den großen Kampf mit dem Hauptbösewicht, dem ersten und dem zweiten Gesichtslosen, überführt wird. Und das, während nebenbei noch zu diesem geheimen Magierclub ermittelt wird. Das wirkte alles immer ein bisschen wild und konfus. Die Romane springen von Idee zu Idee, von Ort zu Ort und geben der fantastischen Welt nie wirklich Zeit, sich konsequent durch eine Handlung hindurch zu entfalten. Im siebten Roman geht es ziemlich von Anfang an um den zweiten Gesichtslosen und Lesley, die mittlerweile bekanntlich mit dem arbeitet, hat ein paar mehr Auftritte. Irgendwann wird unser Protagonist entführt, freundet sich mit einer Fae an, befreit sich, und dann treibt auch schon alles aufs Finale zu.

Der Roman ist immer noch sprunghaft, aber immerhin nicht so sehr wie einige Vorgänger. Es gibt ein paar gelungene Momente, schön etwa die Art und Weise, wie sich Pater mit der stummen Fae per Pantomime anfreundet. Vielleicht ist das sogar innerhalb der gesamten Reihe die am tiefsten entwickelte Beziehung. Das wiederum ist auch der Grund, warum auch dieser Roman nicht wirklich funktioniert. Peters Liebesbeziehung zu einer Flussgöttin, die sich zugleich ganz modern entfaltet, steckt weiter wie so ein „Hey, krass, das könnte man auch mal machen“-Einfall im Text. Und die Beziehung, die nach aller erzählerischen Logik die tiefste werden müsste, die zwischen Peter und Lesley, wurde leider, weil die Figur so früh mehrfach weitestgehend aus der Handlung geschrieben wurde, nie ordentlich entwickelt. So dass jetzt auch die Treffen und der Antagonismus zwischen diesen beiden Hauptfiguren bei gleichzeitiger weiterhin bestehender Zuneigung emotional nicht so verfängt, wie es in einer hypothetischen gelungenen Version dieser Romane eigentlich verfangen müsste.

„Die Flüsse von London“ war es leider von Anfang an wichtiger, Seitenhiebe auf andere Fantasy-Texte unterzubringen sowie unzählige von den Dingern, die man sich angewöhnt hat, popkulturelle Referenzen zu nennen, und die in den meisten Fällen aufgesetzt wirken.

Ich bin froh, dass ich fertig bin. Ihre Potenziale hat die Reihe nicht verwirklicht. Die magische Parallelwelt ist im Vergleich mit anderen magischen Parallelwelten aus anderen Romanen nie lebendig geworden. Momente des Staunens gab es nur in den Romanen 3 und 5. Die Detektivgeschichten hingegen bestehen aus nachlässigen Sprüngen von Szene zu Szene und halten in keiner Weise mit wirklich gelungenen Detektivgeschichten mit. Und das vielleicht interessanteste Alleinstellungsmerkmal, die Idee, dass Örtlichkeiten quasi aus der Konstellation Gesellschaft/Natur jeweils ihre Geister und Göttinnen oder Götter immer wieder neu schaffen können, wurde kaum je ernsthaft ausgereizt noch in seinen Implikationen verfolgt. Ein Beispiel, wie undurchdacht das Ganze ist: Im siebten Roman haben die Protagonisten große Sorge, dass der Plan der Bösen, einen Gott für ihr Ritual zu töten, das Gefüge der Welt ernsthaft durcheinanderbringen könnte. Im gleichen Roman wird gesagt, dass nicht nur natürliche Orte Geister und vielleicht sogar Götter schaffen können, sondern auch so Dinge wie beispielsweise Häuser oder Schiffe. Wir dürfen also davon ausgehen, dass ständig neue Götter oder zumindest Geister am Entstehen sind und auch wieder verrecken. Was kümmert mich da einer mehr oder weniger?

Bild: Wiki, gemeinfrei.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..