Verschenkt die Potentiale wieder: „Die Flüsse von London“ 4.

„Der böse Ort“, der vierte Teil der „Die Flüsse von London“-Reihe, schließt leider wieder eher an die Schwächen von Teil 1 und 2 an als an die Stärken des dritten Teils, der vor allem mit einer behutsamer entwickelten Welt überzeugte. Hier hatte man manchmal wirklich das Gefühl, mit den Protagonisten ob der Entdeckungen mitzustaunen, und die Ermittlungen waren besser aufgebaut, so dass man tatsächlich das Gefühl hatte, dass Folgendes aus dem Vorangegangenen erarbeitet wird. Zudem fungierten der Ich-Erzähler und Leslie erstmal als Duo, was alle Vorteile mit sich brachte, die Ermittlerduos nun mal so mit sich bringen.

Teil 4 beginnt mit einem fragwürdigen Mord, der anfangs wie Selbstmord aussieht, aber irgendetwas mit einem Beherrschungszauber zu tun haben könnte. Dann wird es schnell wild. Die Ermittelnden springen an verschiedene Orte, irgendwie kommt heraus, dass alte Häuser Magie speichern, es geht um Gentrifizierung und Verdrängung. Ein deutscher Architekt und Magier hat sich irgendwann in England niedergelassen und dort anscheinend Experimente angestellt und im Verborgenen etwas gebaut. Auch eine russische Agentin ist vor Ort, und der Mann ohne Gesicht, der große Böse aus den Vorgängerromanen, hat Interesse an den Experimenten des deutschen Architekten. Zwischendurch gibt es unter anderem ein großes Frühlingsfest des magischen Volkes, einige der Flüsse tauchen auf, und obwohl die Romanreihe nach ihnen benannt ist: Die (und der Rest des magischen Volkes) sind ein großes Problem, denn hier sind es wieder viel zu sehr Zufälle, die die Handlung weiter treiben. Ermittlungsergebnisse sind nur peripher. Selbst im Kleinen wirkt der Text sprunghaft.

Auch aus Peter und Lesley wird wenig gemacht. Denn Peter hat eine Beziehung in Aussicht, und es wäre so naheliegend, aus diesen Beziehungen bzw. möglichen Beziehungen zwischenmenschliche Spannung zu gewinnen. Denn im ersten Teil gab es offenkundig Chemie zwischen dem Ich-Erzähler und Lesley, was dann durch deren Fremdsteuerung durch den Bösewicht unterbrochen wurde. Seitdem hat Lesley ein komplett zerfetztes Gesicht, und aus der Schwierigkeit des Protagonisten, darüber hinwegzusehen, gegenüber einer Frau, für die man doch so offenkundig Gefühle hatte, hätte man schon in den vergangenen Romanen mehr machen können. Klingt für mich nach deutlich besserem Stoff für Nebenhandlungen als diese zufälligen Figuren, die von Buch zu Buch vergessen werden, oder kurze Bemerkungen zu den Eltern der Protagonisten sowie ebenfalls sehr zufällig eingestreute Überlegungen zu Gesellschaft und Politik.

Mit Lesley verknüpft ist eine interessante Wendung zum Schluss, was das Weiterlesen insofern interessant macht, dass man nun doch wissen möchte, was wirklich dahinter steckt. Den Roman rettet es aber nicht, und für eine gefeierte Reihe bleibt „Die Flüsse von London“ doch auch im Bereich der rein unterhaltenden Literatur sehr mittelmäßig.

Bild: Wiki, gemeinfrei.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..