Zwei starke DSA-Vampirromane. „Die Boroninsel“ und „Kinder der Nacht“.

Nachdem ich mit allen DSA-Romanen durch bin, die ich dank meines Kindle Unlimited Tests lesen konnte, wollte ich doch noch sehen, was es in der Reihe vielleicht sonst noch Gutes gibt. Deshalb lege ich mir nach sorgsamen Studium von Klappentexten und Rezensionen noch einige Romane zu, die das Potenzial haben, gelungen zu sein. Dabei ignoriere ich alles, das sich offenkundig um Dämonen dreht, aufgrund der klischeehaften Darstellung alle „Orient“-Romane und das weiter südlich angesiedelte. Denn nach meiner Erfahrung wird die beste Absicht im Rahmen von Das Schwarze Auge dort regelmäßig durch allzu viele Fremdschammomente konterkariert. Und zuletzt alles, was in der weiter zurückliegenden Vergangenheit von Aventurien spielt, nicht weil diese Romane unbedingt schlecht sind, sondern weil mich diese offenkundig etwas chaotisch ausgearbeitete Vergangenheit wenig interessiert und mir zudem zumindest noch kein richtig guter Roman dort untergekommen ist.

„Die Boroninsel“ und „Kinder der Nacht“ (Lena Falkenhagen) ist der erste Doppelroman, für den ich mich entschieden habe, und die Entscheidung ist weitgehend gerechtfertigt. Der Roman erzählt von dem Stallknecht Fion, uneheliches Kind eines Hesindepriesters und dem Vater doch relativ verbunden. Er ist befreundet mit dem Prinzen Rhuad, mit dem er den ein oder anderen Streich vollführt. Diese Freundschaft wird langsam entfaltet und die beiden sind von einem gut ausgearbeiteten Ensemble umgeben. Dann versucht jemand, Fion mehrere Verbrechen anzuhängen. Ein Freund des Prinzen und schließlich auf der Vater des Stallknechts werden bestialisch ermordet. Eine finstere Geschichte rund um Vampire entspinnt sich, und auch diese ist gut im DSA-Universum fundiert. DSA-Vampire sind tatsächlich relativ interessant gestaltet. Mehr möchte ich hier nicht verraten.

Beide Romane sind sehr atmosphärisch geschrieben, die Stadt Havena erwacht plastisch zum Leben:

“Mit schnellen Schritten bogen die beiden jungen Männer von der breiten Marschenstraße in eine der Seitengassen nach links ab. Vorbei an der Fleischerei Cucanai wanderten sie nun durch die Marschen, das Handwerkerviertel, das einstmals wohl ein Streifen fruchtbaren Schwemmlandes gewesen war. Doch viele der Häuser stammten noch aus der Zeit vor dem Großen Beben 291 vor Hal und waren dementsprechend verfallen, neue waren dazwischen gebaut worden, und so standen die Häuser in den Marschen so eng, daß kaum zwei Leute nebeneinander durch die Gassen gehen konnten. Schwärze umgab die beiden Freunde, nur aus wenigen Häusern wohlhabenderer Marschener leuchtete Kerzenschein oder Kaminfeuer auf die noch ungepflasterte nasse Straße heraus. Hier roch man schon den Hafen; Dunstschwaden hingen zwischen den Häusern und ließen die Geräusche hohl und hallend klingen. Wenige Menschen begegneten dem Prinzen und dem Knecht, doch aus den Tavernen drangen lautes Gelächter und Lärmen.”

Selbst in Situationen, die dann schon eher in Richtung Action gehen:

“»Hier ist guter Jagdgrund«, sagte sie und wies mit einer spärlichen Geste auf die betrunkenen Schiffer und Streunerinnen, Freudenmädchen und -burschen, Bettlerinnen und andere dunkle Gestalten. »Wen würdest du wählen?« Ein rothaariges junges Mädchen half ihrer stockbetrunkenen Mutter auf die Beine, die kaum allein stehen konnte. Ein halbes Dutzend Liebesdienerinnen und -diener flatterte – wie Schmetterlinge um duftende Disteln – um eine Gruppe Thorwal-Piraten herum, die anscheinend eine Taverne zum Verprassen der Heuer suchten. Eine schlicht gekleidete Frau mit einem Bauchladen pries Muscheln und Treibgut aus der Unterstadt an, während unter den Galgenbäumen, die unter dem Fürsten Toras traurige Berühmtheit erlangt hatten, eine hübsche blonde Bardin saß und zum Leierspiel den Liebesgruß sang. Ihre Stimme klang von vielen Premer Feuern und dem Grölen von Trinkliedern rauh, besaß jedoch einen Zauber, dem man sich schwer entziehen konnte. Eine kleine Zuhörerschaft, die trotz des Boronwetters an dieser merkwürdigen Szenerie ausharrte, um ihr zu lauschen, hatte sie bereits in ihren Bann gezogen.”

Man taucht in eine Welt voller starker Kontraste von Reichtum und Armut ein, in der man sich tatsächlich vorstellen kann, dass Menschen abseits der Handlung ihren diversen Beschäftigungen nachgehen. Die Haupthandlung ist spannend und auch eine Nebenhandlung um eine Elfe, die stark vermenschlicht ist und nun eine freie Firnelfe aus dem hohen Norden kennenlernt, deutet an, dass sie für den zweiten Teil ein lesenswerter Aspekt werden könnte.

Nachtrag: Der zweite Roman entwickelt die Geschichte stark weiter. Nun mit größerem Fokus auf Spannung, da die Figuren etabliert sind, doch ohne die Atmosphäre zu vernachlässigen. Ein lesenswerter Doppelroman.

Bild: Eigenes.

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