Akten über Akten – „Geschichte eines Kindes“ von Anna Kim baut ein wenig zu viel auf Zitate.

Lest ihr gerne Akten? Nein? Dann ist „Geschichte eines Kindes“ von Anna Kim vielleicht eher nichts für euch. Denn etwa ein Drittel des Buchs erzählt die Kindheit von Daniel Truttmann tatsächlich in der Form von Aktennotizen eines christlichen Waisenhauses. Und sorry, es gibt nichts narrativ einfallsloseres und langweiligeres als exzessive Aktennotizen.

Das ist schade, denn der Roman ist Thematisch durchaus interessant. Die Protagonistin, selbst mit österreichischen und koreanischen Wurzeln, recherchiert in den USA, Region Green Bay, über eine österreichische Sozialarbeiterin, und stößt dabei auf die Geschichte von Daniel, der als Kind mit (wahrscheinlich) einem schwarzen Elternteil im Waisenhaus aufwächst. Im Mittelpunkt der Recherche stehen dann bald die absurden rassistisch-kulturalistischen Bemühungen des Waisenhauses, die genaue „rassische“ Herkunft des unehelichen Kindes zu klären, die, durchaus im ehrlichen Streben, das Beste für das Kind zu tun, wenn man es unter „seinesgleichen“ aufwachsen lässt, mehrere Chancen auf Adoption verbauen.

In Gesprächen und Reflexionen derweil erfahren wir von Daniels späterem Leben und parallel von Gefühlen des nicht dazu Gehörens der Protagonisten und ihrer Familiengeschichte. So, dass der Titel des Romans durchaus mit Recht auf beide zentralen Figuren bezogen werden könnte.

Und diese Passagen sind gut erzählt. Keine lineare „so war es“-Geschichte, sondern ein Abwechseln verschiedener Stimmen, unter denen zwei zwar dominieren, aber alles andere als unzweifelhaft sind. Eigentlich ein guter Weg, über Unsicheres zu berichten. Hätte man den Großteil der Akten nicht da hinein verdichten können? Zumal die ja immer wieder nichts anderes ausbreiten, als wie dumm und kurzsichtig das Amt ist, also 50 Seiten gegenüber 5 kaum Mehrwert bieten.

Thematisch wie gesagt interessant, und wie aus der kurzen Danksagung zu schließen ist, wohl nach einer wahren Geschichte erzählt. Aber die Autorin hätte sich vielleicht besser eindeutig zwischen Roman und Reportage entschieden.

Bild: Pixabay.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..