Bitte nochmal, aber besser. Zur Ehrenrettung der Star-Wars-Prequels

So mittelmäßig auch ich Episode 1 fand, der vorherrschenden Kritik an den Prequels kann ich mich nicht anschließen. Die scheint, rückblickend, oft darin zu bestehen, dass die Filme nicht so Niveaulos sein wollte, wie ihn sich Star Wars Fans gewünscht hätten. Natürlich formulieren die das anders. Zusammenfassend etwa dieser vielgeklickte Clip:

Der Film habe keinen Protagonisten, es werde zu viel geredet und die Hintergrundgeschichte um die Ursurpation der Macht in der galaktischen Republik sei laaaaaaangweilig. Kurz: Man wollte eigentlich einen Kinderfilm für Erwachsene, und das für möglichst anspruchslose erwachsene Kinder.

Klügere Konflikte als die Originale

Vorwerfen sollte man einem Kunstwerk aber nicht, was es nicht ist, sondern dass es nicht zu sein vermag, was es offensichtlich anstrebt.

Das Problem mit Episode 1 und Folgenden ist, dass es sich um keine besonders gelungenen Politdramen handelt. Aber die Prequels wollten solche sein und mussten wohl auch solche sein, wollte man wirklich drei neue Star-Wars-Filme rund um die Figur des Vader machen. Denn um die Wandlung des Charakters zu zeigen genügte offenkundig ein Film, und der war ja auch richtig gut. Drei Filme hin- und hergerissen Sein zwischen Dunkel und Hell, das wäre unerträglich redundant geworden. Und es ist nahe liegend, dass die Politik vor dem Zerfall der Republik eine größere Rolle spielen muss.

Prinzipiell ist die doppelte Handlung vom das Gute wollenden Menschen, der durch die Unmöglichkeit, seine Ideale zu erreichen, korrumpiert wird und vom Machtmenschen, der quasi „jenseits von Gut und Böse“ operiert und eine verhängnisvolle Symbiose mit dem Überguten eingeht, vor dem Hintergrund der dafür notwendigen Zerstörung eines Systems vermittelter Herrschaft wirklich nicht schlecht ausgedacht. Nur wird das durch schwache Dialoge, sehr fragwürdige Besetzungen und die gleichzeitige Notwendigkeit, weiterhin Star-Wars-Erwartungen zu bedienen, den Mix also aus Heroismus und Kindergartenhumor, derart konterkariert, dass das Endprodukt einfach nichts gänzlich gelungenes werden kann – und Fans wie auch Neueinsteiger enttäuschen muss. Aber als dreiteilige Antiheldengeschichte um Vader ohne politische Hintergrundgeschichte hätte das Ganze erst recht nicht funktioniert. Man mag sich fast eine konsequentere „Reimagination“ der Prequels wünschen. Dann ohne den Fanservice/Anspruch-Spagat. Potential hatte die Story.

Bild: Pixabay, gemeinfrei

Eine neue Perspektive auf das Universum: Star Wars Rewatch – Die Prequels – Episode 3

Nachdem Episode 2 damals der Grund für mich war, aus Star Wars ganz auszusteigen, hat mich Episode 3 jetzt sogar halbwegs erzeugen können. Hyaden Christiansen wirkt mittlerweile viel besser als der Bubi aus dem zweiten Teil, die Geschichte wird relativ stringente entwickelt und ist für sich, wenn man drüber nachdenkt, durchaus bemerkenswert – und wertet die Vorgänger gar mit auf:
Einen Bogen über drei Filme so zu spannen, dass zum Schluss das „Böse“ fast vollständig triumphiert und die letzten Helden ins Exil gehen, das ist alles andere als typisch Hollywood. Auch noch vor dem Hintergrund der bekannten Nachfolger-Vorgänger. Durch Revenge of the Sith wird das klassische Star Wars zur Geschichte davon, wie ein Universum in einem Krieg vernichtet wurde, die diktatorischen Überbleibsel der Republik bekämpft, bis die wenigen Überlebenden zweier Kriege eine Party mit Teddybären feiern können. Revenge of the Sith ist ein gelungener Downer, schiebt man Nostalgie bei Seite vielleicht sogar der beste Teil der Serie. Auf den lächerlichen Roboterspinnengeneral hätte man natürlich verzichten können.

Überhaupt ist es schon schwer genug, überhaupt einen Nachfolger einer so beliebten Filmserie zu drehen. Einen halbwegs gelungenen Spannungsbogen zu einer Geschichte aufzubauen, deren Ergebnis der Zuschauer kennt ist die Königsdisziplin des klassischen Dramas. Und dass die Episoden 1-3 daran nicht vollständig scheitern, ist vielleicht in sich schon eine große Leistung. Ich denke man wird diese Werke in Zukunft noch ins Recht gesetzt sehen. Vielleicht dadurch, dass mit dem zeitlichen Abstand auch die Einsicht wieder wächst, welch absurde Verwicklungen, bekloppte Charaktere und fragwürdige Storylines ja auch die echten ersten drei Teile trugen. Die etwas sauertöpfisch wirkende Kritik des Spiegel damals – Krieg der Sterne wirke wie ein Märchen, „in dem Gut und Böse fein säuberlich getrennt sind […] und Science Fiction schrumpfe in Krieg der Sterneendgültig auf die Größe kindlicher ‚Gadget‘-Phantasie, das Weltall wird zum Disney-Land, zum Abenteuerspielplatz der Plastik-Society.“ – ist ja nun wirklich nicht so falsch. Sie war nur dem Publikum schon immer ziemlich egal und so wie Star Wars Kult wurde, wurde Kritik langsam zur Gotteslästerung. Und indem der Mythos neu beleuchtet wird, das Fundament umgebaut wird, ist jedes Prequel natürlich auch „Kritik“… und hatte vielleicht nie eine Chance.

Bild: Pixabay, gemeinfrei

Wie Jar Jar der Sithlord die Prequels hätte retten können – Star Wars Rewatch – Die Prequels.

Bild: Soll Jar Jars „Reim“ gewesen sein: Yoda (pixabay, gemeinfrei)

Ich weiß nicht wie bekannt die Theorie, dass Jar Jar Binks ursprünglich als der große Antagonist der Episoden 1 bis 3 vorgesehen war, im deutschen Sprachraum ist. Ich finde sie, seit ich sie wegen meines Rewatches entdeckt habe, zusehends faszinierender und schockierender Weise: überzeugend. In Kürze geht sie so:

Jar Jars Tollpatschigkeit ist nur gespielt, seine unglaublichen Kampferfolge gewonnen durch den Einsatz der Macht, während sich Jar Jar des Zuì Quán (Drunken Boxing) Stils bedient. Er ist nicht das Werkzeug des Imperators, sondern sein Partner, Lehrling oder womöglich gar dessen Meister. Die blass bleibenden, aufgesetzt wirkenden Bösewichte Dooku und Grievus wurden als kurzfristiger Ersatz konzipiert, nachdem klar wurde, wie sehr die Fangemeinde Jar Jar tatsächlich hasst.

(Detaillierte Ausarbeitung. Mit Kommentaren bitte eine Woche einplanen…)

Als Indizien aufgeführt werden unter anderem verschiedene Fälle, in denen Jar Jar seine Gegenüber bis hin zu Jedis subtil und mit Handbewegungen zu beeinflussen scheint, seine unglaublichen Sprungfähigkeiten (Salti seien sonst Jedis & Sith vorbehalten) und eine Kampfszene, in der ein plötzlicher Positionswechsel Jar Jars, der nach einem Fehler im Film aussieht, tatsächlich bedacht scheint: Die Drohnen folgen seiner gedachten Bewegung außerhalb des Blickfeldes der Kamera. Soweit finde ich das noch nicht besonders spannend.

Interessanter finde ich den Hinweis, dass sich bekanntlich die beiden Trilogien „reimen“ sollen und darauf aufbauend Indizien zu Jar Jars ursprünglicher Rolle. Und Jar Jar als Bösewicht wäre tatsächlich ein passender Reim auf die Enthüllung Yodas als Jedimeister in den Vorgängern – bis hin zum rot-grünen Kontrast. Und das Ganze würde eine entscheidende Lücke in den Filmen füllen. Dass diese keinen wirklichen Protagonisten haben ist noch zu verschmerzen, bzw. wäre es, wäre der Politteil gelungener. Aber auch ein überzeugender Action-Antagonist fehlt. Und Jar Jar, der übrigens wie (fast) alle Sith gelbe Augen hat, wäre einer, der vom ersten Moment an dabei gewesen wäre. Plus: Wine krasse Enthüllung al la „ich bin dein Vater“. Auf sowas steht George Lucas.

Nein, ich sage nicht, dass es wirklich so gedacht war und die Produzenten Muffensausen bekommen haben. Aber ich sage: Ordentlich durchgezogen hätte das die Trilogie besser machen können. Allerdings hätte man dann Jar Jar vielleicht von Anfang an nicht ganz so cartoonhaft aufziehen dürfen. Ich glaube aber, selbst wenn heute viele Hardcore-Fans die Idee richtig cool zu finden scheinen, damals wäre das der Tod von Star Wars gewesen. Und viele (mich womöglich eingeschlossen), die das Konzept heute mögen, hätten sich damals erst recht verarscht gefühlt. Dann wiederum haben sich die meisten Fans von den Prequels so oder so verarscht gefühlt.

Star Wars Rewatch – Die Prequels – Episoden 1 und 2 – nebst Notizen zur „Mary-Sue“-Debatte um Rey

In den nächsten Wochen werde ich ein paar Mal in Richtung Film abschweifen. Genauer: Mit Kommentaren zum Wieder-Anschauen der Star Wars Episoden I-VII. Die Beiträge spannen sich von launischen Notizen über zwei verbreitete Fantheorien hin zu einem Fazit, das vielleicht den verfemten „Prequels“ mehr Recht widerfahren lässt, als das bisher geschieht.

Episode 1 – Die Dunkle Bedrohung: Anakin vs Rey

Noch ohne die neuen Filme zu kennen konnte ich die Kritik, dass Rey ohne längeres Training zum supermächtigen Jedi werde, breche mit der Vorstellungswelt von Star Wars schon ein wenig nachvollziehen. Obwohl Star Wars nun wirklich nicht viel auf Kohärenz gibt. Aber gestern habe ich Episode 1 nochmal gesehen. Und bitte: Nach Pod-Racer-Baby Anakin, der nicht nur ultragefährliche Rennen gewinnt und unglaublich komplexe Maschinen zusammenbaut, sondern noch im Alleingang ein gigantisches Schlachtschiff zerstört (alles in der ersten Filmhälfte) sollte man sich über die „untrainierte“ Rey doch wirklich nicht beschweren… zumal den Autoren vorgeworfen wurde, sie machten das nur, um eine Frau zu Heldin aufzubauen. Nee, spätestens seit Super-Jesus-Satan-Anakin ist der Zug abgefahren und sowas dann doch nur ein sexistischer Abwehrreflex, getarnt als Filmkritik.

Episode 1 – Jar Jar stinks?

Auch Jar Jar Binks kann ich heute nicht mehr so schrecklich finden, wie es die allgemeine Wut damals aufgedrängt hat. Allerdings: dem Vorwurf, rassistische Stereotype zu reproduzieren entkommt Star Wars nicht ohne weiteres, indem man darauf hinweist, dass wer in einem Alien eine Fortschreibung der Darstellung von Schwarzen in Minstrel Shows sieht, wohl vor allem selbst ein Problem habe. Ausdrucksweise, Unterwürfigkeit usw, Jar Jar bedient das volle Programm*. Will sagen: innerhalb der Geschichte nervt Jar Jar weniger als erwartet, wenn man aber ein bisschen über den Charakteren nachdenkt, nervt er plötzlich deutlich mehr.

* Man stelle sich beispielsweise vor, ein Sci-Fi Szenario entwürfe eine Alienrasse, die keine Geschlechter kennte. Aber dafür eine Gruppe körperlich starker, manchmal aufbrausender, hart arbeitender kämpferischer Aliens und eine Gruppe zarter, sanfter, gerne putzender und kochender Aliens, was als perfekte Symbiose dargestellt und in keiner Weise kritisch gewendet wird – würde man darin nicht zurecht, obwohl Geschlecht offiziell nicht vorkommt, eine Fortschreibung von Geschlechterstereotypen sehen?

Episode 2 – Angriff der Klonkrieger: Kino zum Vergessen

Die Verfolgungsjagt am Anfang mit ihrem wirklich kaum tragbaren Sturz und Flugszenen ist das letzte, woran ich mich überhaupt aus dem Kino erinnere. Ich habe mir den Film direkt bei Erscheinen mit meinem Vater angeschaut, und anscheinend die ganze Handlung nach diesem Auftakt verdrängt. Seit dem war ich gar nicht mehr im Kino. Und schau an: Episode 2 fängt genauso beschissen an, wie ich mich erinnere. Immerhin bin ich mittlerweile so klug, während der Verfolgungsjagden einfach ein Buch zu lesen.

Liebesgesülze, später: Ernsthaft? Man schickt ausgerechnet die beiden Personen, die sich keinesfalls ineinander verlieben sollen als erste Maßnahme auf einen romantischen Italien/Niagra-Falls-Urlaub, wo Natalie Portman im rückenfreien Kleid vor dem Milchbubi herumturnt, dessen Blut keinesfalls in Wallung geraten darf, weil sonst: Supermörderatemaschinensatan? Hey, dieses Universum hat mehr als einen Todesstern verdient…

Sonst fällt mir zu Episode 2 echt nichts ein. Die Massenschlacht zum Schluss ist ganz cool. Die sich entwickelnde Intrige Palpatines könnte richtig cool sein, wären Anakin und Padme überzeugender… und dann war da noch Flummi-Joda…

Bild: Pixabay, gemeinfrei