Als käme Günter Grass als Zombie zurück. „Mein Lieblingstier heißt Winter“ ist der schrecklichste Buchpreis-Roman.

Hey, „Mein Lieblingstier heißt Winter“ fängt ja richtig gut an! Ein verwirrend kryptischer Titel, und dann geht es auf den ersten zwei Seiten auch noch im Dinosaurier. Mit Dinosauriern wird bekanntlich alles besser. Und dann…
Ja, dann geht die Geschichte um einen Typen, der einem anderen Typen erlaubt hat, sich zum Sterben in seine Tiefkühltruhe zurückzuziehen, woraufhin entweder die Leiche oder der Sterbewillige verschwindet und nun gesucht werden muss, rasch den Bach runter.

Ich denke das hat den folgenden Grund, doch Vorsicht, auch ich kann hier nur spekulieren. Der Sterbende traf im Totenreich auf Günter Grass und hat sich von dem ein paar Schreib-Ratschläge abgeholt, die er ins Reich der Lebenden telegraphiert hat. Dadurch kam Autor Ferdinand Schmalz auf die Idee, man müsse möglichst alles in besonders wild verschachtelten, oft invertierten Satzstrukturen erzählen, damit das auch „richtige“ Literatur ist und Preise gewinnt. Und hurra, gleich zwei Buchpreis-Jurys sind drauf reingefallen. Nun ist es ein wissenschaftliches Faktum, das Günter Grass kaum lesbare Pubertäts-Literatur bis ins hohe Alter verfasste, aber selbst Gras kann man immerhin noch zu gute halten, dass es so etwas wie einen Zusammenhang zwischen seiner verdrucksten Sprache und den oft auch recht verqueren Themen seiner Romane gibt, sei es „Der Nationalsozialismus aus der Perspektive eines Kleinwüchsigen samt deutscher Tränendrüsenmassage“ (Alternativtitel „Die Blechtrommel“) oder „Frauengericht tagt über die Verfehlungen eines Plattfisches, der aus unerfindlichen Gründen Strippenzieher hinter der männlichen Weltgeschichte ist“ („Der Butt“).

Was Schmalz dagegen inhaltlich verfasst hat ist eine nette kleine Groteske. Verschwundene Leiche, Suche, verschiedene Figuren, die aufeinandertreffen, Dialoge zu Alltäglichem und die ein oder andere Zeitdiagnose. Warum also dieser verschraubte Stil, in dem sich eine ganz einfacher Sachverhalt etwa so ausdrückt:

“Und während sich nun auch der Harald aus dem Schlamm wieder hat aufgerappelt, meint sie, die Schimmelteufel, sie werde, da ihre Anwesenheit hier hoffentlich nun nicht vonnöten mehr, weil doch die beiden selbst zurecht sich fänden, werde sie erst mal zurück in ihr Büro.”

Warum steht in diesem, an den vorherigen direkt anschließenden Satz ein „auch“, obwohl es ein einfaches Statement zur Tageszeit ist, das in keiner Weise etwas aufgreift, das sich vorher (auch) zu Ende geneigt hat?

“Als sich der Vormittag schön langsam auch zu Ende neigt, sitzt sie, die Schimmelteufel, wieder da drin in ihrem Firmensitz, an ihrem Schreibtisch dann und schlägt, schlägt fester noch mal jetzt die Stimmgabel gegen das Knie, das ihre, dass sie in Schwingung wird versetzt von diesem Schlag.”

Ich bin ein Freund sprachlich komplexer Werke. Arno Schmidt, Lasker-Schülers Prosawerk, die frühen Romane von Norbert Gstrein. Auch die fingierte Mündlichkeit bei Kurzeck etwa, zuletzt in Menasses „Dunkelblum“. In diese Tradition stellen ja Feuilleton-Kritiker Schmalz teilweise. Aber: Das ist immer Komplexität, die aus dem Werk erwächst, die ihre Gründe hat und in ihrer, wenn auch manchmal spröden, Schönheit die Handlungsebene verstärkt und transzendiert. Die Sprache von „Mein Lieblingstier heißt Winter“ macht es vor allem schwerer, einen Text zu lesen, der sonst nicht viel zu bieten hat und als einfache witzige Groteske ein besserer Text gewesen wäre. Das Ganze wirkt, kurz gesagt, aufgesetzt.

Bild: Pixabay.

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