Kultfilm „The Crow“. Cooles Setting ohne jeden Spannungsbogen. Film-Freitag VI.

Sind professionelle wie Laienkritiker eigentlich wirklich unfähig, ein cooles Szenario oder eine gute Cinematographie von einem guten Film zu unterscheiden?

The Crow ist einer der ganz wenigen häufig bewerteten Filmen, der bei Amazon auf glatte fünf Sterne kommt. Auch die Scores auf den wichtigen Kritikerportalen sind sehr hoch und die Besprechungen entsprechend.

Ich hatte mich gefreut, den Film jetzt entdecken zu können, nachdem ich ihn wohl aufgrund der Berichterstattung in den Neunzigern als Trash in Erinnerung hatte, da besonders der Tod des Hauptdarstellers während der Dreharbeiten gehypt wurde.

Aber Nein: Das ist kein guter Film.

Das ist ein „cooler“ Film. Ja. Diese dystopische Stadt voller Gangster, die Feuer, der Rauch, der Nebel, diese Punk-Rock Ästhetik und all die kaputten Existenzen. Das Setting erregt Aufmerksamkeit. Und das ist dann auch ästhetisch stimmig inszeniert, sowohl in Szenenbild als auch in Kostümen sowie zuletzt auch in Choreographie und Kameraeinstellungen. Der Film überzeugt optisch sehr viel mehr als manche neueren Hochglanz-Produkte.

Aber er hat keine Geschichte! Er hat keine Spannung! Er hat keine Fallhöhe! Er hat keine Dynamik! Da ist: Nichts.

Weder im Sinne der vielzitierten Hollywood-Paradigmata: Es gibt zwar klar einen Helden, sogar einen Super-Helden. Aber der will nichts, außer Rache nehmen. Und dann schauen wir ihm vier Fünftel des Filmes beim Rache nehmen zu. Ihm kann nichts passieren, er ist unsterblich. Es gibt keine „Stakes“. Wir wissen das. Wir wissen auch, dass ihm am Ende die Unsterblichkeit genommen werden muss, damit wenigstens ein bisschen Spannung aufkommt. Auch der Twist überrascht also nicht.

Der Held will nichts, also gibt es auch keinen Konflikt. Weder mit den Bösewichten, die einfach aus dem Weg geräumt werden sollen, aber kein eigenes Ziel verfolgen. Noch mit der Polizei, die diesem Vigilante etwas lustlos hinterher ermittelt, aber nie wirklich mit ihm die Klingen kreuzt. Der ganze Film wirkt wie eine einzige Fetchquest. Töte XY, bringe Gegenstand Z.

Aber da ist auch keine tiefere Ebene, auf der der Film zum Denken anregen würde, verschiedene Verhältnisse zu Leben und Tod, zu Recht und Rache etwa anreißen und zur Diskussion stellen. Die Bösen sind böse und um die tut es keinem leid. Nie wird uns ein Grund geliefert, das Handeln des Protagonisten vielleicht falsch zu finden.

Am Ende ist die gesamte Handlung des Films eigentlich einfach ziemlich egal. Der Protagonist ist sowieso schon tot, dann tötet er noch ein paar, die es verdient haben, dann ist er wieder tot.

Wirklich schade. Aus Setting und Thema hätte man sicher mehr machen können. Aber das eigentlich erschreckende ist, dass das anscheinend niemand merkt. Ein cooles Konzept oder eine coole Optik, und wenn dann erstmal genügend Zuschauer gesagt haben „das ist geil“, dann widerspricht keiner mehr.

Bild: Pixabay.

9 Kommentare zu „Kultfilm „The Crow“. Cooles Setting ohne jeden Spannungsbogen. Film-Freitag VI.

      1. Ja, optisch ist er das auch auf jeden Fall. Wäre wahrscheinlich ein Film gewesen, auf den ich bei Erscheinen auch abgefahren wäre… Allerdings war ich da 10. So kam die Möglichkeit, den im Kino zu sehen gar nicht auf.

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      2. Klar, hätte ich bestimmt auch. Bei uns waren Fight Club und Matrix die beiden Filme, die man gut finden musste. Beim Matrix-Rewatch haben mich die Schwächen selbst des ersten dann doch überrascht (über 2&3 hatten wir uns nie was vor gemacht)… Fightclub steht noch aus, aber ich denke der hat sich auf der Handlungsebene besser gehalten.

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      3. Matrix habe ich zweimal im Kino gesehen. Damit hat es sich aber auch, alle anderen Filme nur einmal.

        Zum zweiten Mal Matrix fällt mir ein, dass ein Jugendlicher es ganz cool fand, dem ganzen Kino mehrmals zu demonstrieren, dass er ein Handy hat – damamls waren die ja gerade am aufkommen.

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      4. Manchmal wär Kino besser ohne die anderen Gäste ;) Ich hab Jurrassic Park in einem Nachtkino im Urlaub gesehen. Neben mir so ein kleiner Junge, der vor jeder Szene erklärt hat, was als nächstes passiert…

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